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Abschluss Expedition DAV Expedkader Herbst 2012

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China – Sichuan – Minya Konga Range

Oktober 2012 – Endlich sind wir unterwegs zu einem namenlosen, unbestiegenen Berg in der Minna Konga Range in den Bergen Sichuans, der Provinz östlich von Tibet.

Alles neu! Für die Jungs wie für mich, was uns alle fesselt und wir mit Spannung jeden neuen Eindruck, jedes Geschehen und jeden Tag beobachten, erleben und erfahren.

Ich habe die beiden Berichte von zwei der 5 Teilnehmer unten zum lesen angefügt. Ich denke aus ihren Worten kann man gut nacherleben, was diese 5 Wochen alles passiert ist. Von meiner Seite nur ein paar Zeilen an dieser Stelle.

Ich war begeistert von diesem Team junger, motivierter und talentierter Nachwuchsbergsteiger. Drei Jahre war ich als der Coach und Trainer mit ihnen unterwegs und hier auf der Abschlussexpedition, das Highlight eines jeden Kaderzykluses, waren wir nun 5 Wochen weit weg von daheim zusammen mit dem Arzt Ulli Steiner am Weg. Das Team war sowas von harmonisch und tolerant, daß ich manchmal sogar Angst bekam! Nein im Ernst, es war für mich sehr schön zu sehen, daß eine Leidenschaft, das Bergsteigen, so unterschiedliche Charakter und Typen als ein Team so geschlossen werden läßt. Und ich war natürlich froh und glücklich, daß wir alle ohne Verletzungen oder ähnliches wieder nach Hause gekommen sind. Noch dazu mit drei Erstbegehungen und voller guter Erinnerungen im Gepäck. Es wird für mich nicht das letzte Mal sein, in diese Gegend der Welt zu fahren! Und auch wird es nicht der letzte DAV Expedkader sein, den ich betreue, denn der nächste startet schon mit dem Sichtungscamp im März! Ich freue mich auch darauf schon und hoffe es kommen wieder zahlreiche junge motivierte Bergsteiger, die das Alpin- und Expeditionsbergsteigen ausprobieren und erlernen wollen. Ich danke dem Deutschen Alpenverein an dieser Stelle für ihre gute Zusammenarbeit und für die Förderung einer solchen Sache!

Und ich danke natürlich den 6 Teilnehmern, Sebi, Mirko, Felix, Max, Reine und Dario für die guten 3 Jahre!

Ganz herzlichen Gruß,

David.

1989 steps towards heaven Bericht Dario Deutsch

Wenn ich vor der Expedition an einen typischen Chinesen dachte, sah ich vor meinem inneren Auge meist eine maoistische Arbeitsameise in einem blauen Anzug, die ernst und fleißig mit dem etwas spaßlosen Aufbau des Kommunismus beschäftigt war.

Aber irgendwie waren die Chinesen, die wir in Sichuan antrafen und die zu unserer Crew im Basecamp gehörten, ganz anders als meine durch James-Bond geprägten Vorstellungen von den Chinesen:

Pan, der sogenannter Verbindungsoffizier, der so gar nichts Militärisches an sich hatte und der die meiste Zeit so mit Lachen beschäftigt war, dass er keine Zeit für andere Nebensächlichkeiten hatte.

Fang, der Koch, der zwar kein Wort Englisch sprach, dafür aber hervorragend kochte.

Alex, der Dolmetscher, der uns gleich über sämtliche Möglichkeiten aufklärte die Mädels in Chengdu und Kangding zu verführen ( was leider doch nicht geklappt hat!).

Und zu guter Letzt der vielleicht wichtigste Mann: Solang, ein junger Tibeter ohne den im Basislager nur wenig funktionierte.

Umgeben und unterstützt von diesem erstklassigen Team war es uns leicht gefallen das Hochlager auf 5000m einzurichten.

Ursprünglich war unser Plan gewesen, eine neue Route durch den markanten Pfeiler in der Mitte des Massivs zu legen. Aber die Kälte und der Wind schienen selbst den eingefleischtesten Felsfreaks unter uns zu viel zu sein und wir suchten ein Ziel bei dem man die wärmenden Bergschuhe anbehalten könnte.

Für Felix, Reini und mich war mit dem langen, wild gezackten Felsgrat, der von links nach rechts auf den Gipfel über dem Pfeiler zieht, schnell eine Alternative gefunden.

Eines wunderschönen Tages stiegen wir ins Hochlager auf und am nächsten Tag pickelten wir uns eine Firnrinne hinauf, welche uns über 500 Höhenmeter lang bis zum Einstieg des Grates bringt.

In der kleinen Scharte am Beginn des Grates seilen wir an und Felix nimmt sich der ersten Längen an, die delikate Mixedkletterei in bestem Edelbruch bieten.

Nach einigen Längen ist Reini dran mit Vorsteigen, während sich bei Felix seine erst kürzlich abgeklungene Erkältung wieder bemerkbar macht. Bei bestem Wetter stehen wir an dem Grat und verfluchen die viralen Unruhestifter in Felix‘ Lunge. Wir geben uns noch einige Längen, um zu sehen, ob dies die Erkältung vielleicht beeinflusst. Und erstaunlicherweise wird sie dadurch noch schlimmer.

Auch wenn es uns schwer fällt, ist uns mittlerweile klar, dass wir wieder runter müssen. Schweren Herzens seilen wir die mühsam dem Berg abgetrotzten Höhenmeter wieder ab.

Als wir am nächsten Tag aus unseren Zelten im Hochlager herausschauen, sind über Nacht 20cm Neuschnee gefallen und dank Felix Erkältung trinken wir im sicheren Hochlager Instant-Kaffee und steigen wieder ins Basislager ab, anstatt auf irgendwelchen Platten mit Pulverschneeauflage herumzueiern.

Nach ein paar Tagen Extrem Chilling im Basislager wackeln Mirko, Reini und ich wieder ins Hochlager hinauf, während Felix leider immer noch von seiner Erkältung zur Untätigkeit verdammt ist.

Am nächsten Tagen stapfen wir im Dunkeln wieder die schon bekannte Rinne hinauf und sind um 9 Uhr schon an unserem Umkehrpunkt vom letzten Mal. Das heikle Mixedgelände in den folgenden Längen bremst uns wieder etwas aus und mit dem fortschreitenden Nachmittag beginnen wir uns auch langsam Gedanken über einen geeigneten Biwakplatz zu machen. Aber an jedem Standplatz werden wir von neuem enttäuscht. Der Grat ist einfach zu steil, als dass sich man sich dort irgendwo hinlegen könnte. Als wir gerade dabei sind uns mit dem Gedanken eines Stehbiwaks anzufreunden, kommt Mirko im Vorstieg auf einem Gratturm an dessen Fuß sich ein kleiner, aber ebener Schneefleck befindet.

Wie gemacht für unsere Zwecke. Ein Seilgeländer ist schnell installiert und das Bibler-Zelt aufgebaut und wenig später liegen wir zu dritt in Löffelchen-Stellung im Zelt und füllen unsere leeren Glykogenspeicher mit dem wahrscheinlich besten Tütenessen der Welt auf.

In der Nacht wird es zwar ziemlich eng und unbequem im Zelt, aber wenigstens ist es zu dritt relativ warm.

Am nächsten Morgen sind wir alle froh das enge Zelt verlassen zu dürfen. Bei völliger Windstille zaubert die chinesische Morgensonne eine Sonnenaufgang wie aus einem Kitschfilm an die Ostseite des Grates, während wir nach einer Länge auf dünnen Eisglasuren ein flacheres Rinnensystem erreichen, dass uns bis zum Gipfel führt.

Gegen 10 Uhr quetschen wir uns alle auf den schmalen Gipfelblock und schreien unsere Freude in das sonnenbeschienene Nebelmeer unter uns.

Der Abstieg zieht sich noch mal, ist aber kein Problem mehr.

Zwei Tage später sind wir wieder glücklich im Basislager und diskutieren über einen Namen für den Gipfel und die Route.

Die Route wird in Zukunft auf den Namen „1989 steps towards heaven“ hören, während wir den Gipfel nach einer Ikone unser frühen Jugend benennen: „Stiffler’s Mum“.

Expeditionsbericht NIUBILINE

Keiner packt Risotto oder ein anderes Reisgericht ein. Das liegt wohl daran, dass wir uns seit zwei Tagen in einem Tal in China akklimatisieren und jeden Tag fast zweimal Reis essen. Wir packen gerade unsere Rucksäcke für einen Gipfelversuch an einem unbestiegenen Berg im Gongga Shan Massiv in Sichuan. Seit einem halben Jahr planen wir diese Expedition als Abschluss unserer dreijährigen Kaderzeit beim Alpenverein, unser Material ist auf 5000m deponiert und wir haben uns die letzten zwei Wochen gut akklimatisiert- jetzt geht es endlich los! Aber nicht mit Reis sondern mit dehydrierten Nudeln als Expeditionsnahrung für die nächsten Nächte am Berg.
Es ist Anfang Oktober und es wird langsam Herbst, die Nadeln der Lärchen im Tal weiter unten sind schon gelb und die Temperaturen fallen langsam unter den Gefrierpunkt, aber die Verhältnisse an den Bergen sind gut. In den letzten Tagen ist wenig Schnee gefallen und wir können von unten aus Eis in den Wänden sehen, der Wetterbericht aus Innsbruck meldet ebenfalls keinen Niederschlag für die nächsten Tage, lediglich etwas Wind.
Von unserem Basislager auf 4000 Meter steigen wir über Moränen und Blockfelder ein langgestrecktes Tal bis zum Anfang des Gletschers auf 5000m auf, wo wir unser Advanced Basecamp eingerichtet haben. Dort schlafen wir noch eine Nacht, beobachten die Wand und suchen eine objektiv sichere Linie für unseren Aufstieg. Wir sind Uli Steiner unser Expeditionsarzt, David Göttler, unser Trainer, Mirko und ich. Dario, Felix und Reini wollen einen Grat auf einen anderen Gipfel versuchen.
Nach einer ruhigen Nacht frischt der Wind in der Früh wieder auf als wir über einen stark zerklüfteten Gletscher zu einem Col auf 5500 m aufsteigen. Hier beginnt die Westwand, die wir morgen klettern wollen. Der Wind wird so stark, dass wir ohne Skibrillen nicht mehr viel sehen während wir unter einem überhängenden Wandteil eine Plattform für unsere Zelte aus dem Eis pickeln. Mit Abalakovs und Schlaghaken sichern wir die Zelte davor, weggeblasen zu werden. Nachdem wir uns zwei Liter Wasser geschmolzen haben und eine Tüte Expeditionsnahrung gegessen haben versuchen wir zu schlafen um morgen beim ersten Licht einzusteigen, immer noch mit einem mulmigen Gefühl und der Hoffnung, dass der Wind nachlässt.
Nachts um vier hört das Zelt auf zu flattern und wir beginnen bald mit dem Schmelzen von Eis. In der Morgendämmerung klettere ich die erste Seillänge, welche von unten nicht sehr einladend aussah aber sich in gepresstem Schnee gut klettern lässt, nach einer Plattenzone erreichen wir eine Schnee-, Eisrinne, der wir für 300 Meter folgen können, bis wir über verblocktes Gelände zwei Seillängen nach rechts queren müssen.
Dort wir das Gelände steiler, aber von unten haben wir erkannt, dass eine Eislinie aus Glasuren und steileren Aufschwüngen bis 50 Meter unter den Gipfel zieht. Das Eis wird immer dünner und es wird zunehmend schwerer mit Eisschrauben zu sichern. An den Standplätzen schlagen wir Haken, die wir belassen um daran wieder abzuseilen. Von Westen sehen wir langsam Bewölkung aufziehen und der Wind frischt wieder auf.
Circa 100 Meter unter dem Gipfel bricht mein Eisgerät, nachdem ich nach einer Glasur wieder kompaktes Eis erreicht habe und dort zum Glück eine Eisschraube drehen kann. David steigt die

nächste Seillänge hoch, während sich das Wetter zunehmend verschlechtert. Der Gipfelaufbau verlangt noch eine Seillänge Felskletterei, bevor wir um 13.00 Uhr gemeinsam auf dem 40cm breiten Gipfelgrat sitzen und eine tibetische Gebetsfahne auf dem Gipfel (5950m) hissen.
Nach ein paar Gipfelfotos beginnen wir sofort mit dem Abseilen, da sich das Wetter stark verschlechtert hat und wir von dem Aufstieg wissen, dass sich in den Glasuren keine Abalakovs drehen. Auf 500m Abseilstrecke können wir nur zwei Eisschrauben bohren, die meisten Stände bauen wir aus Schlaghaken und Reeppschnüren, die wir um vereiste Blöcke legen. Fünf Stunden seilen wir uns im immer stärker werdenden Schneefall und Wind ab, bevor wir unser Lager auf 5500 m erreichen und dort eine weitere Nacht verbringen. Am nächsten morgen ist die ganze Landschaft bis ins Basislager unter einer weißen Decke und die Morgensonne strahlt die ersten schneebedeckten Gipfel an. Nochmals ist Konzentration gefragt, da jetzt die Spalten nicht mehr eindeutig zu erkennen sind. Im Zickzack nähern wir uns über den Gletscher dem ABC, wo uns Dario, Felix und Reini begrüßen.
Von dort steigen wir weiter zum Basecamp ab und freuen uns wieder die Reisgerichte, die unser Koch Fang zubreitet.

 

Bilder Kaderexpedition