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7. Newsletter Makalu 2013

Zwei Mantras hatte ich die Tage am Berg.

Das erste ist immer mit dabei, nämlich: „wir alle sollen gesund wieder zurück kommen!“

Das zweite war diesmal ein seltenes:

„Sei dir nicht zu sicher, David!“

Am Lhotse 2008 hatte ich mich auch so sehr sicher gefühlt, daß ich dann auf knapp über 8000m umdrehen musste, weil ich die Zehen und die Finger nicht mehr spürte. Und so etwas wollte ich hier nicht wieder erleben.

Es lief aber so rund, so gut – bis jetzt, bis hier oben auf ebenfalls wieder knapp über 8000m.

 

Wir waren gut gestartet!

Am ersten Tag von unserem tieferen Basislager auf 5440m vorbei am eigentlichen Basislager weiter zum Lager 2 auf 6600m. Hier haben wir mit den Sherpas der anderen Teams Späße gemacht, die weiteren Tage besprochen und Wetterberichte ausgetauscht.

Dann weiter hoch zum Makalu La, 7400m und am dritten Tag noch mal eine kleine Etappe hoch auf ca. 7700m. Im Schutze einer kleinen Eiswand haben wir hier unsere zwei treuen, kleinen Zelte aufgestellt und haben gewartet, bis der Wecker um Mitternacht zum Start des Gipfeltages ruft.

Dann endlich der ersehnte Tag!

Und wieder mein Mantra: „Sei dir nicht zu sicher!“

Auch wenn es im Zelt warm war:

Schuhe und Handschuhe ordentlich aufwärmen!

Ausreichend trinken!

Nicht zu früh raus und im Freien Gurt und Steigeisen anziehen!

Alles Dinge die im Moment ohne Konsequenzen erscheinen, aber sich dann bitter rächen können!

Also: keinen Fehler und alles nach Plan!

Ich hielt mich dran und es ging gut los.

Wir hatten die Spuren und Fixseile der anderen Teams, welche schon viel früher mit Zusatzsauerstoff von weiter unten gestartet waren, als Orientierung.

Und dann kurz vor 4 Uhr, sahen wir die Lichter der anderen oberhalb von uns. Alle auf einem Haufen, so schien es, die Nacht war stockfinster. Und irgendwie waren sie ins Stocken geraten.

Und wieder machte sich ein Gefühl breit:

„Sei dir nicht zu sicher, David! Gehe nicht einfach den anderen hinterher!“

Der Hang gefiel mir nicht mehr wirklich gut. Wenn Daniel vor mir in der Spur seine Schritte machte, spürte ich es; die Schneedecke war vom Wind also hart und gepresst. Ich hoffte, daß es nicht alles als großes Lawinenbrett abging.

Wir holten stetig auf und der Hang endete auf einem kleinen Plateau.

Weiter ging es erst flach, dann immer steiler und hinein ins s.g. „French Couloir“, quasi die Schlüsselstelle der Gipfeletappe. Wir – nun alle inclusive Sherpas und Gästen-  warteten hier die ersten Sonnenstrahlen ab, die sich mühsam ihren Weg zu bahnen schienen, aber so gut taten! Meine Füße waren nun grenzwertig kalt und Daniel bot mir an, sie unter seinem Anzug aufzuwärmen. Doch der Wind machte mir Angst, sie aus den Schuhen zu nehmen. Also weiter so….

Und nun sollten wir erleben, wie schnell man alleine am Berg sein kann!

Kurz nach der Pause, wo wir sicherlich zu 25igst gewartet hatten, sagten die Sherpas plötzlich, sie hätten nicht mehr genügend Fixseil dabei! Es wäre nicht möglich das “ French Couloir“ zu versichern.

Unser 30m Seil im Rucksack half da auch nicht weiter!

Und so drehten sie alle um, samt ihrer Gäste. Auf einen Schlag waren wir alleine.

Michi, Hans, Daniel und ich. Ein Finne, Sam blieb auch noch.

Und nun war ich mir plötzlich sehr sicher:

wir können das! wir können auch ohne Fixseile weiter!

Ohne groß Worte zu wechseln, kamen Daniel und Hans her und wir stiegen höher. Michi verharrte noch in der Sonne in der Hoffnung, seine Finger wieder warm zu bekommen. Doch leider sollte er auch trotz Heatpacks und „Achselhöhlen-Wärme“ von Daniel diese nicht so weit aufgetaut bekommen, daß er weiter hätte können. So trennten wir uns. Michi war hin und her gerissen zwischen Absteigen und Weitergehen. Er entschied sich für das Erstere.

Wir machten uns in den Schatten des Couloirs auf und nach oben. Nur noch alte Fixseile hingen hier und an denen war Vorsicht geboten. Deshalb kletterten wir hier und vermieden tunlichst uns an ihnen hochzuziehen! Es ging die Felsrippe links raus, in die Sonne und in klassisches 3er Gelände. Auf Bändern und über kleine Felsstufen kamen wir dem Grat näher.

Es fing an Spaß zu machen. Uns allen ging es gut, wir kamen voran und und dem Ziel immer näher.

Und dann der Grat. Perfekte Verhältnisse, der Wind nur in Böen kalt und stark, ansonsten aber Sonne und eine Blick auf die Uhr machte weiter Mut!

Nur der Anblick des Vorgipfels sah beängstigend aus! Wo sollten wir da durch?

Je Näher wir kamen, desto besser löste es sich aber auf. Viele alte Fixseile hingen hier und markierten wieder den Weg. Und danach…. der Blick ging frei zum Hauptgipfel!

Die letzten Meter hier hoch waren wunderbar! Frei, luftig, eindeutig und bestimmt!

Einen Meter übrig lassen für die Götter hier oben!

Ich umarme Hans und Daniel, ich kämpfe mit den Tränen und bedanke mich bei den beiden, funke mit Michi, den ich so gerne jetzt mit dabei hätte hier oben und mit unserem BC jubel und schreie ich lauthals!

Und ich lasse eine Gebetsfahne hier oben, ein Dank und Gruß.

Als Sam nachgekommen ist, warten wir noch kurz und beginnen den Abstieg. Wir wissen, wie sehr wir uns noch mal konzentrieren müssen!

Um 9 Uhr waren wir oben am Gipfel, 1 Uhr nachts waren wir gestartet und um 12 Uhr sind wir wieder alle gut bei den Zelten zurück gewesen. Nach zwei Stunden Pause sind wir dann noch weiter bis nach Lager 2 abgestiegen. Noch eine Nacht hier am Berg, dann endlich konnten wir in dem „Luxus“ des Basislagers baden!

Und ich kann euch versprechen: es hat sich so gut angefühlt!

Jetzt sind wir schon fast daheim und es kommt mir alles sowohl vor wie gestern als auch wie vor einer Ewigkeit !

Auch der Weg vom Basislager zurück nach Kathmandu. Zu Fuss zurück nach Num, in den immer heißeren Dschungel…aber das ist dann fast schon noch mal eine neue Geschichte!

Deshalb möchte ich mich hier Bedanken bei meinen Sponsoren, Black Diamond, The North Face und Lowa, ohne die ich mal wieder nicht das erleben hätte können!

Und noch wichtiger, bei meiner Familie und meiner Freundin! Danke Euch für den Freiraum und das Vertrauen und die Kraft, die ihr mir immer gebt.

Und dann bei euch! Dafür, daß ihr migefiebert, uns die Daumen gedrückt habt und für all eure Nachrichten und Glückwünsche!

Jetzt wünsche ich euch allen einen guten Sommer, schöne Bergtouren und bis zum nächsten Mal,

einen herzlichen Gruß aus Nepal.

Namaste.

David.